Samstag, 12. November 2016


VOR UND NACH DER WAHL



Bürgermeister Dr. Marius Hahn ist gerade auf dem besten Weg, eines seiner zentralen Wahlversprechen zu brechen, nämlich die sogenannte Zweitausbausatzung abzuschaffen. Das behauptet der Betreiber des "Dom-Zoo"-Blogs. Damit hat er einerseits Recht; andererseits spielt Dr. Hahn damit schlicht und einfach nach den Regeln des etablierten Politikbetriebs. Denn Wahlversprechen machen die allermeisten Politiker zunächst einmal, um die Wahl zu gewinnen. Was überhaupt umsetzbar ist, kann man sich dann immer noch überlegen, wenn der begehrte Posten erreicht ist.



Worum geht es? Anlieger von Straßen müssen für den sogenannten Zweitausbau „ihrer“ Straße einen finanziellen Beitrag leisten, der meistens vierstellig und durchaus auch mal fünfstellig werden kann. Es geht also um viel Geld. Entsprechend haben Marius Hahn und seine Partei, die SPD, seit Jahren gebetsmühlenartig verkündet, die Zweitausbausatzung ersatzlos zu streichen. Genau dies hat die FDP in einer der letzten Stadtverordnetensitzung beantragt, und siehe da, die Sozialdemokraten haben dem Antrag nicht einfach zugestimmt, sondern noch weiteren Beratungsbedarf angemeldet. Der Bürgermeister, der die Sache in seiner neuen Funktion eigentlich vorantreiben könnte und – gemäß seinem Wahlversprechen – müsste, mutiert langsam aber sicher zu einem Verteidiger der einstmals ungeliebten Einnahmequelle. Warum das so ist? Nun, würde man die Zweitausbausatzung abschaffen, dann fehlten im Haushalt perspektivisch Millionen, und Dr. Hahn, der als Finanzdezernent gleichzeitig Limburgs oberster Kassenwart ist, weiß nicht, wie er das Geld ansonsten beschaffen könnte. Dass dies so kommen würde, war ihm schon vor der Wahl klar, aber siehe oben – etablierter Politikbetrieb usw.



Die Liste der nicht gehaltenen Wahlversprechen ist noch nicht zu Ende. Mit großem Tamtam kündigte er im Frühsommer 2015, ein paar Wochen vor dem Wahltermin, an, als Bürgermeister auf dem Gelände der gerade abgerissenen alten Autobahnraststätte ein Hotel- und Kongresszentrum zu errichten. Eine Architektin legte konkrete Pläne vor und es wurde verbreitet, potenzielle Investoren und Betreiber stünden Schlange. Dass das Areal schon lange für die Errichtung eines Lärmschutzwalls verplant war, kam vor der Wahl nicht zur Sprache. Ebenso wie das Hotel- und Kongresszentrum nach der Wahl nicht mehr zur Sprache kam. Als die Nassauische Neue Presse zaghaft nachfragte, ließ der Bürgermeister seinen Pressesprecher verlauten, das Hotel- und Kongresszentrum sei eine interessante Idee gewesen, die aber nicht mehr weiter verfolgt würde.



Und dann wollte der damalige Kandidat und heutige Bürgermeister Limburg auch noch zur „Hochschulstadt“ machen (siehe Screenshot von seiner Wahlkampfwebsite). Von studentischem Leben, das in Limburg einziehen würde, war die Rede, von einer Belebung der Innen- und Altstadt und von ortsansässigen Mittelständlern, die demnächst vor Ort forschen (lassen) könnten. Unbedarfte Bürger verstanden folglich unter einer „Hochschulstadt“ eine Stadt mit einer Hochschule, an der hunderte, wenn nicht tausende  Studenten studieren, unterrichtet von Dutzenden Professoren, die parallel Forschungseinrichtungen aufbauen und internationale Kongresse nach Limburg holen. Auch hier sieht die Realität nach der Wahl ein klein wenig anders aus als davor: Gerade einmal zwölf Studenten wird die „Außenstelle“ der TH Mittelhessen in drei Unterrichtsräumen unterrichten lassen, und zwar von Dozenten, die für jede Lehrveranstaltung eigens anreisen. Null Lehrende haben ihr Büro in Limburg, es gibt keine Bibliothek, kein Labor, keine internationalen Kooperationen, keine Tagungen, keine ausländischen Studenten oder Gastwissenschaftler – es gibt also all das nicht, was eine Hochschulstadt auszeichnet. Die Hochschulaußenstelle in der Werkstadt hat so viel mit einer Hochschule zu tun wie ein Papierflieger mit einer Boeing. Apropos Werkstadt: Deren Investor darf sich freuen, erhält er doch für die Vermietung der drei Räume (deren Ausstattung mit Technik und Mobiliar die Stadt 150.000€ gekostet hat) pro Jahr 70.000€ Miete.



Wie kann man dieses besonders krasse Auseinanderklaffen von Ankündigungen und Umsetzung erklären? Dazu demnächst mehr an dieser Stelle.


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