Donnerstag, 2. Januar 2025

Die OMGUS-Akten als zeitgeschichtliche Quelle für Lokalhistoriker

Ich möchte heute die zeithistorisch Interessierten auf eine interessante Quelle für die Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg aufmerksam machen, und zwar die OMGUS-Akten. „OMGUS“ steht für Office of the Military Government for Germany (US). Die Akten sind (unter anderem) im Hessischen Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden auf Mikrofilm zugänglich und wegen ihrer örtlichen Detailtiefe gerade für Lokalhistoriker sehr interessant. Sie geben einen interessanten Einblick in die Arbeit der Besatzungsbehörden. Bei den Akten dominiert der Umgang mit den alltäglichen Problemen in der Nachkriegszeit (Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, Unterbringung von Flüchtlingen/Vertriebenen, Reparatur der Infrastruktur etc.). Daneben gibt es aber zahlreiche weitere Themen, die behandelt werden – von Genehmigungen für Versammlungen bis zu Entnazifizierungsmaßnahmen. Ab 1945 erstellt der für Limburg und Umgebung zuständige Kommandeur zudem monatlich einen „Historical Report“.

Hier zwei Auszüge aus dem „Historical Report for October 1945 for Kreis Limburg“:
 
Zum Einen eine interessante Notiz zum Besatzungsalltag. Offenbar wurden junge Frauen, die Beziehungen mit US-Soldaten eingingen, mit „crude posters“ gebrandmarkt. Die Notiz beschriebt die Vorfälle und wie die Besatzungsbehörde damit umgegangen ist.
 
Zum Anderen findet sich für den Oktober 1945 die Mitteilung, dass Hans Luther in Limburg festgenommen wurde. Hans Luther (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Weimarer Reichskanzler und Reichsbankpräsidenten) hatte während des Krieges eine führende Stellung im SD/SS-Apparat in Bordeaux und war wohl auch für Geiselerschießungen und Deportationen von Juden verantwortlich. Er wurde nach Frankreich überstellt und saß dort mehrere Jahre in Untersuchungshaft. Er wurde zu einer Haftstrafe verurteilt, die mit der U-Haft als abgegolten galt. Später war er (laut Wikipedia) Richter am Landgericht in Limburg. Luther gilt als Beispiel für NS-Täter, die mit Hilfe einer geschickten Verteidigungsstrategie und guten Beziehungen ihren Kopf aus der Schlinge ziehen konnten (was oft wörtlich zu verstehen war) und danach in der Bundesrepublik unbehelligt Karriere machen konnten.
 



 

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