Freitag, 10. August 2018

Mundipharma-Deal: Der offene Brief der Bürger im Wortlaut

Herrn Stadtverordnetenvorsteher
Michael Koeberle

Herrn Bürgermeister
Dr Marius Hahn


Bürger gegen Rathaus auf der „Grünen Wiese“

Limburg, den 09.08.2018

Sehr geehrte Herren,

der Unmut unter der Bevölkerung über die Absicht, die Stadtverwaltung auf die „Grüne Wiese“ zu verlagern, ist groß. Wir möchten Ihnen mit diesem Schreiben unsere Bedenken vortragen, die wir mit sehr vielen Bürgern teilen:

1. Die Übernahme eines hochmodernen Industriekomplexes gemeinsam mit zwei Partnern ist eine rechtlich und technisch hochkomplexe Angelegenheit mit jahrzehntelanger Bindungswirkung. Gerade in Bezug auf die Energieversorgung der Gebäude ist die Stadt auf eine entsprechend lange, verlässliche Zusammenarbeit mit Fidelio Healthcare angewiesen. Wer garantiert, dass Fidelio Healthcare nicht beim nächsten Management-Wechsel schon in wenigen Jahren die Bühne verlässt? Was macht die Stadt dann mit einer Pharmafabrik, die mit ihrem Verwaltungsgebäude untrennbar verbunden wäre? Welche Folgen hätte es für den städtischen Haushalt, wenn es so käme?
 

2. Die Entscheidung hätte eine fatale Signalwirkung. Wenn selbst die Stadtverwaltung nicht mehr zu Investitionen in die Limburger Innenstadt bereit ist, wer soll es dann sein? Auf der einen Seite investieren wir hohe Summen, beispielsweise in die Neugestaltung der Fußgängerzone oder in das Stadtmarketing, auf der anderen Seite sorgt die Politik selbst für die Verlagerung von mehreren hundert Arbeitsplätzen und einer entsprechenden Zahl von Besuchern – sowie von deren Kaufkraft – auf die Grüne Wiese.
 

3. Es ist den Bürgern nicht einsichtig dass dem Großkonzern Mundipharma, dem größten industriellen Arbeitgeber in Limburg, der hunderte Arbeitsplätze aufgibt, als Entgegenkommen der Stadt und des Bistums die dann leerstehenden Gebäude abgekauft werden sollen. Aufgabe des Magistrats müsste sein, der Fa. Mundipharma behilflich zu sein, die Gebäude zu verkaufen, damit durch die Ansiedlung von Betrieben neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um damit die Sicherung von Gewerbesteuer für den städtischen Haushalt zu erreichen.
 

4. Unverständlich ist der Zeitdruck für die Sanierung des vorhandenen Verwaltungsgebäudes Neubau-Rathaus. In den vergangenen Jahren wurden dort Millionen investiert, z.B. für Brandschutz. Das Rathaus an der Pusteblume muss zwar saniert werden, aber nicht sofort. Es besteht genügend Zeit, eine sinnvolle Lösung im Konsens und unter Beteiligung der Bürger zu suchen und zu finden.
 

5. Es ist Augenwischerei, wenn argumentiert wird, das Bürgerbüro könne 90 Prozent aller Bürgeranliegen erledigen, wenn heute schon die Allgemeine Verwaltung und die Technische Verwaltung an 5 Tagen für Sprechstunden für Bürger geöffnet ist. Bei einer Realisierung der Umsiedlung in das Mundipharma-Gebäude wäre die Stadtverwaltung an 8 Standorten vertreten. Der entstehende Verwaltungsmehraufwand führt zu Folgekosten, die durch den Bürger zu tragen sind. Das beste Beispiel ist die neue Pendelbuslinie, die mit einer sechsstelligen Summe zu Buche schlagen soll. Die Erhöhung der Gebühren und städtischen Steuern sind das Ergebnis.
 

6. In der Magistratsvorlage für den Haupt- und Finanzausschuss am 16.08.2018 wird in keiner Weise auf die Verwertung des dann freiwerdenden Gebäudes eingegangen.
Ein weiteres Hotel in der Innenstadt dürfte ja wohl schon an den Möglichkeiten der Realisierung gestorben sein (keine Parkflächen, keine Freiflächen, keinerlei Terrassen, keine Anfahrt), dann wird wohl die Entscheidung auf Komfortwohnungen hinauslaufen, die dort am öffentlichen Verwaltungs- und Kulturzentrum absolut unangebracht sind.


Sehr geehrter Herr Koeberle, sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr Hahn,
 

Sie stehen vor einer für die Stadt Limburg historischen Entscheidung, Behalten Sie den Standort Rathaus in der Innenstadt bei. In keiner uns bekannten Kommune werden Rathäuser auf die grüne Wiese umgesiedelt. Der Stellenwert eines Rathauses mitten in der Stadt hat auch für die innerstädtische Entwicklung eine hohe Bedeutung. Bereiten Sie mit Augenmaß unter Ausschöpfung aller technisch möglichen Sanierungsmöglichkeiten die Sanierung und Erweiterung der Büroflächen der vorhandenen Gebäude vor. Das Kultur- und Verwaltungszentrum der Stadt Limburg ist eine Einheit mitten in der Stadt. Und das soll so bleiben.

Wir bitten Sie den offenen Brief an die Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung und des Magistrats weiterzuleiten.

Mit freundlichen Grüßen die Unterzeichner

Werner Laux
Senta Seip
Hermann Krippner
Barbara Sylla - Belok
Karl Winfried Seif
Marieluise Winter
Jürgen Kaiser
Christiane Jopp
Hildegard Milleg
Ernst Kunze
Rosel und Roland Freitag
Christina Baldus-Hummer
Joachim De Bruin
Ulla Möhn
Stefan Laux
Christine Möller Josef Wolf
Bernd Stein
Dorothea Wiesenfeld
Hans Dieter Heun
Theo Seip
Gisela Timmesfeld
Helga Gilbert
Angelika Seip
Patricia Wolf
Achim Hellig
Barbara Stegmann
Christoph Stegmann
Sacha Hoffmann
Courtny Gerber Herwig Staudt
Marleen Möller
Ann-Stephane Schäfer
Hedwig Steinitz
Vera Waldherr-Matter
Richard Michler
Arno Zell
Rudi Eisenbach
Elisabeth Knossalla
Angelika Seitner
Monika Waldherr
Monika Fleischhaker
Werner Bendel
Lisa Balmert
Martin Zirner
Kathrin Menges
Eva Sieger
Doris Schulz
Marga Ludwig
Pia Ludwig
Peter Zimmermann
Ingrid Horz-Schmachtel
Leo Vanecek
Rudolf Baldus
Elisa Stiell
Johann Georg Fuchs
Jochem Belz
Volker Beck


Bürger wenden sich in einem offenen Brief gegen die Verlagerung des "neuen Rathauses" auf die Grüne Wiese (Mundipharma-Areal). Foto: Limblog

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