Ihrem Geburtsjahr 1929 ist es zu verdanken, dass sie Fachstudium und Referendariat durchlaufen hatte, bevor die 68er und ihre Nachfolger Lehrerausbildung und Schulen zu einem Experimentierfeld des überkreativen und unterbeschäftigten Kultusbeamtentums machen konnten – von den antiautoritären Ansätzen damals bis zum Akademisierungs- und Digitalisierungswahn heute.
Frau Schmidt kam in ihrer täglichen Arbeit ohne gesellschaftspolitischen Veränderungswillen aus. Sie, fleischgewordener pädagogischer Eros und didaktische Naturgewalt, hatte nur ein Ziel: dass ihre Schüler von den Naturwissenschaften möglichst viel wissen und verstehen. Moleküle zu malen, die Photosynthese zu tanzen oder über die Geschlechterrollen in der Quastenflosserkernfamilie zu reden, hielt sie dabei nicht für zielführend. Meinungsstarkes, aber wissensschwaches Dauerdiskutierertum war ihr zuwider. Für sie war Grundwissen elementare Voraussetzung für Verständnis, und Verständnis Voraussetzung für brauchbare Debattenbeiträge.
Mehr als eineinhalb Jahrzehnte nach ihrer Pensionierung sorgte die sogenannte „Hattie-Studie“ für Aufsehen. Methodisch äußerst akribisch hatte der neuseeländische Bildungsforscher John Hattie Tausende bildungswissenschaftliche Studien und Quellen ausgewertet, um die eine wirklich wichtige Frage zu beantworten: Welche Faktoren sind es, die über den Bildungserfolg von Schülern bestimmen? Seine Ergebnisse sind erschütternd einfach: Die beste Unterrichtsmethode ist ein gut strukturierter Frontalunterricht, in dem der Lehrer das Sagen hat, aber die Schüler möglichst viel zu Wort kommen lässt. Und der Lehrer, der diesen Frontalunterricht gestaltet, sollte eine von den Schülern geachtete Autoritätsperson sein.
Elvira Schmidt war eine Meisterin des gekonnten Frontalunterrichtes, und sie war eine geachtete, respektierte und gleichzeitig beliebte Autoritätsperson, nicht nur als Lehrerin, sondern auch als Herrin über das Kurssystem der Jahrgangsstufen 12 und 13 sowie dessen organisatorische Ausgestaltung. Spätestens in dieser Funktion führte für keinen der Tilemänner ein Weg an ihr vorbei.
Am Freitag, dem 3.11.2017, ist „Miss Elly“, wie sie von ihren Schülern genannt wurde, im gesegneten Alter von 88 Jahren verstorben.
Elvira Schmidt mit Hermann Biegel. Foto: Pascal Beekmann |
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