Freitag, 21. Juli 2017

Campingplatz: Keine Transparenz, zu viel "Bürger"nähe

"Transparenz“ und „Bürgernähe“ stehen auf der Monstranz, die manche Politiker in einer Art Dauerprozession vor sich hertragen, wenigstens zu Wahlkampfzeiten. Sind letztere vorbei, beweist sich, welchen Restwert die Wahlkampfslogans haben. Die Causa Campingplatz zeigt: einen geringen, um nicht zu sagen keinen.

Der Reihe nach: Eine Familie betreibt den Limburger Campingplatz seit Jahrzehnten als Pächter. Der Bürgermeister wollte diesen Pachtvertrag nun in einen Erbbaurechtsvertrag mit vierzigjähriger Laufzeit umwandeln. Das Erbbaurecht macht die Inhaber für die Laufzeit des Vertrages de facto zu Eigentümern. Im Falle des Campingplatzes hätte das bedeutet: Die Familie kann vier Jahrzehnte lang schalten und walten wie sie will, ist aber auch für die dringend notwendigen Investitionen verantwortlich, von denen manche behaupten, dass sie eine siebenstellige Summe erreichen können. Die Magistratsvorlage, auf deren Grundlage die Stadtverordneten diese finanziell und zeitlich weitreichende Entscheidung treffen sollten, war ganze zwei Seiten lang und enthielt keinerlei Informationen unter anderem dazu, was die Pächterfamilie mit dem Campingplatz vorhat. Dann folgte ein eigentlich ganz normaler Vorgang: Die Stadtverordneten beschlossen einen zweiten Beratungsgang mit der Bitte an Bürgermeister und Pächterfamilie, mehr Informationen zu Vertrag und Zukunft des Campingplatzes vorzulegen. Bedeutsame Beschlüsse wie diesen nur auf solider Datenbasis zu fassen, ist nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht der Stadtverordneten. Die Reaktion von Bürgermeister und Pächterfamilie war alles andere als ganz normal: Beide reagierten verschnupft, die Pächterin kündigte beleidigt den Pachtvertrag und teilte heftig sowie knapp unter der Gürtellinie gegen ihr unliebsame Stadtverordnete aus.

Die im Wahlkampf immer wieder versprochene Transparenz hat der Bürgermeister damit (zum wiederholten Male) nicht geliefert. Das Gegenteil ist der Fall. Wovor hatten Bürgermeister und Pächterin so große Angst, als die Parlamentarier ihre Fragen formulierten, insbesondere hinsichtlich Finanzen und Weiterentwicklung des Platzes? Was hätte dagegen gesprochen, die erbetenen Unterlagen während der Sommerpause zusammenzustellen und dann im September beschließen zu lassen? Wir wissen es nicht.

Und was die Bürgerbeteiligung bzw. Bürgernähe betrifft, gilt: „Bürgern“ (bzw. in diesem Fall: Bürgerinnen), die geschäftliche Beziehungen mit der Stadt pflegen, darf der Bürgermeister nicht zu „nah“ sein und er darf sie auch bei seiner Entscheidungsfindung nicht „beteiligen“. Bei Geschäftsbeziehungen mit Dritten ist es vielmehr seine Aufgabe, die Interessen der Stadt zu vertreten - und nicht die des Geschäftspartners. Das schließt eine kooperative und ggf. freundschaftliche Zusammenarbeit in der täglichen Praxis nicht aus. Eine Grenze ist aber nicht nur erreicht, sondern eindeutig überschritten, wenn der Bürgermeister der Pächterin parteipolitisch motivierte Tipps und Tricks anbietet, mit denen sie ihr Interesse (daran, keine Informationenzu geben) gegen das Interesse der Stadtverordneten (Informationen zu bekommen) durchsetzen kann.

Der neueste Höhepunkt des Skandälchens beweist: Die Pächterin ist gut beraten, sich gut beraten zu lassen, sobald sie das ihr vertraute Terrain zwischen Pommes und Duschmarken verlässt. Wenn sie schon den Bürgermeister um Hilfe bittet und wenn dieser sich schon nicht zu schade ist, ihr Ratschläge zu geben, dann sollte sein Rat an sie sein, endlich den Mund zu halten. Im Moment redet die gute Frau nämlich nicht nur sich, sondern auch den Verwaltungschef um Kopf und Kragen.


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