Montag, 23. November 2020

Historische Bürgermeisterkandidaten: Doris Knieß

Seit es in Limburg Bürgermeister-Direktwahlen gibt, also seit 1997, machen CDU und SPD das Rennen jeweils unter sich aus. Dabei dürfen aber die „Sonstigen“ nicht in Vergessenheit geraten, die den Bürgern mit ihren Kandidaturen zusätzliche Optionen eröffnen und so unsere Demokratie ein bisschen bunter machen. Wir stellen diese Außenseiterkandidaten vor.
 
„Aus dem Männer-Trio wird ein gemischtes Quartett“ – so betitelte Wolfgang Türk von der Nassauischen Neuen Presse seinen Artikel über eine Frau, die wenige Monate vor der Bürgermeisterwahl 1997 überraschend ihren Hut in den Ring geworfen hatte: Doris Knieß (geborene Paffhausen), damals 56 Jahre alt, Altstadtbewohnerin und ein in der Öffentlichkeit bis dato völlig unbeschriebenes Blatt.
 
Doris Knieß war Anfang der 90er, einige Jahre vor der Wahl, nach Limburg zurückgekehrt, nachdem sie zuvor ausgiebig in aller Welt unterwegs und tätig war - London, Genf, Barcelona und schließlich München waren einige ihrer beruflichen Stationen. Sie ist in der Brückenvorstadt aufgewachsen und hat die Höhere Handelsschule der Marienschule abgeschlossen.
 
Zu ihren Themen im Wahlkampf zählten unter anderem der Dauerbrenner Verkehr, die Jugendförderung, der Umweltschutz sowie die Sicherheit der Schul- und Radwege. Doris Knieß trat aber nicht nur für eine aus ihrer Sicht andere bzw. bessere Bearbeitung der drängenden Sachfragen an; sie wollte mehr. In der Kommunikation zwischen Verwaltung und Bürgern sollte ein anderer Wind wehen, ein neuer Stil sollte Einzug halten. Als Bürgermeisterin wollte sie für eine offene Information der Limburger und deren vielfältige Beteiligung sorgen. Für Doris Knieß waren ihre Mitbürger „Experten für unsere Lebens- und Arbeitsbedingungen. Deshalb sollen sie gehört und beteiligt werden.“
 
Interessant ist, welche emotionale Bedeutung damals ein Gebäudekomplex hatte, den heute die meisten Limburger überhaupt nicht mehr kennen dürften: das Kloster Bethlehem an der Nonnenmauer, damals seit Jahren leerstehend und im Verrotten begriffen, nachdem es zuvor über ein Jahrhundert lang ein von Ordensschwestern betriebenes Altenheim war. Heute ist der Bereich eine hochwertige Wohnanlage und ein Glanzstück der Altstadt.
 
Doris Knieß erreichte 659 Stimmen (5,1%). Sie ist bis heute die einzige Frau geblieben, die auf dem Stimmzettel einer Limburger Bürgermeisterwahl stand. Erst am 14. März nächsten Jahres werden die Bürger wieder die Gelegenheit haben, für eine Frau zu votieren: für Birgit Geis von den Grünen.
Doris Knieß ist 2001 nach München zurückgekehrt, wo sie heute noch lebt. Vor zwei Jahren hat sie noch an einem Klassentreffen in Limburg teilgenommen, verfolgt das Limburger Tagesgeschehen aber nur noch sporadisch. Im März 2021 wird sie 80 Jahre alt.
 



 

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