Dienstag, 14. März 2023

Sieben Thesen zur Zukunft der Limburger Innenstadt

[1] Die Zeit des flächendeckenden stationären Innenstadt-Einzelhandels ist vorbei. Der stationäre Innenstadt-Einzelhandel ist heute das, was die Steinkohleindustrie in den 1980er Jahren war: eine Branche, die weitgehend von der Realität einge- und überholt wurde bzw. wird.

[2] Das Ende der Steinkohle war und ist nicht das Ende der Energieerzeugung in Deutschland. Ebenso wenig steht das Ende jeglichen Innenstadteinzelhandels bevor. Wie die Energieerzeugung sich geändert hat, wird sich auch der Charakter des Innenstadt-Einzelhandels ändern. Genauer: der Charakter wird sich fokussieren, und zwar auf genuss- und erlebnisorientierten Konsum.

[3] Städtebaulich ist ein Rück- und Umbau der Einzelhandelsflächen angesagt. Der stationäre Innenstadt-Einzelhandel wird sich insbesondere in den Erdgeschossen halten, und zwar in einem Bereich, der von der WerkStadt über die Bahnhofstraße und den Neumarkt zum Kornmarkt (jeweils mit leichter Ausstrahlung in die Seitenstraßen/-gassen) reicht. Ausnahmen bestätigen die Regel.

[4] Die Stadt braucht in erster Linie weder ein Leerstandsmanagement noch ein Leerstandskataster. Solche Instrumente dienen dazu, überflüssig gewordene Einzelhandelsflächen wieder mit Einzelhandelsangeboten zu füllen. Diese werden aber immer weniger nachgefragt. Hier wird gutes Geld schlechtem hinterhergeworfen.

[5] Statt verzweifelt zu versuchen, leerstehende Geschäfte wieder mit Einzelhandel zu füllen, ist eine Umwandlung dieser Flächen angesagt. Warum sollten hier nicht (auch) Wohnungen entstehen? Die Stadtpolitik muss möglichst schnell die dafür notwendigen Rahmenbedingungen (Fördermittel, Planungsrecht etc.) schaffen.

[6] Die Verlagerung des Rathauses auf die grüne Wiese war ein katastrophaler Fehler. Wenn schon der Bürgermeister nicht in der Innenstadt investieren will, wer soll es dann tun? Dass auch angeblich gemeinwohlorientierte Institutionen wie das evangelische Dekanat oder die Caritas die Verfügbarkeit von Parkplätzen und die Nähe zur Autobahn höher schätzen als eine lebendige Innenstadt, macht die Sache nicht besser. Solche Fehler dürfen sich nicht wiederholen.

[7] Eine Innenstadt mit weniger stationären Einzelhandel muss nicht „tot“ oder „ausgestorben“ sein. Sie kann im Gegenteil sehr lebendig sein: als Ort, an dem man nicht nur einkauft, sondern auch essen geht, Dienstleistungen aller Art konsumiert, arbeitet, Kultur genießt, seine Freizeit verbringt, Sport treibt – und nicht zuletzt eben auch gerne wohnt.

 


 

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