Mittwoch, 1. Juli 2020

Corona und Karstadt zeigen: Das Rathaus gehört in die Stadt!

In einer wahrlich schwierigen Zeit erreichte Limburg kürzlich eine sehr gute Nachricht: Die Karstadt-Filiale bleibt erhalten. Und mit ihr ein breites Sortiment an Produkten, die in der Innenstadt sonst nicht mehr oder kaum noch zu finden sind. Ein Blick in Städte, die nicht so gut davongekommen sind, zeigt, worum es geht: die Zukunft unserer Stadtzentren.

Sie sind bedroht wie selten zuvor. Der langfristige Abwärtstrend des stationären Einzelhandels hat durch Corona einen kurzfristig wirksamen, heftigen Schub bekommen. Die Stadtverwaltungen sollten in dieser Situation alles tun, um die Innenstädte als Zentren der Begegnung, des Arbeitens, der Freizeit, der Kultur und des Wohnens zu erhalten. 

Im Limburger Rathaus wurde vor zwei Jahren das Gegenteil beschlossen: Der Bürgermeister und die allermeisten seiner Mitarbeiter verlassen die Innenstadt und ziehen auf die grüne Wiese in einen der Glaspaläste der ehemaligen Mundipharma-Konzernzentrale. Diese Entscheidung begründeten deren Befürworter seinerseits rein technokratisch ohne die langfristigen Folgen zu bedenken:

[1] Hunderte von Mitarbeitern verlassen die Innenstadt und fallen als Kunden in der Mittagspause sowie nach Feierabend aus.

[2] Eine Sanierung des bisherigen Standortes an der Pusteblume wäre über die gesamte Lebensdauer der Gebäude 10.000.000€ (zehn Millionen Euro) günstiger gewesen als der Kauf des Mundipharma-Areals. Dieses Geld wird in den Limburger Kindergärten, Vereinen, Grünanlagen und an vielen anderen Stellen fehlen.

[3] Die Signalwirkung ist fatal. Der Bürgermeister und die Mehrheit der Stadtverordneten teilen offiziell mit, dass es besser ist, die Limburger Innenstadt zu verlassen als in ihr zu investieren. Welches Unternehmen soll noch an unser Stadtzentrum glauben, wenn es nicht einmal die Kommunalpolitiker tun?

[4] Limburg braucht dringend neue Gewerbeflächen für ansiedlungswillige Investoren. Gleichzeitig stößt die massenweise Ausweisung von Gewerbegebieten auf immer mehr Kritik, denn das Land wird als Ackerfläche oder Grünraum dringend gebraucht. In dieser Situation erstklassige Büroräume für eine Verwaltungsnutzung zu verschwenden, statt sie am Markt anzubieten, fördert den Flächenfraß und ist nicht nachhaltig.

[5] Alle Welt versucht, unnötigen Straßenverkehr zu vermeiden. Dies tut man am besten, indem man sich dort ansiedelt, wo die Leute sowieso sind: In der Nähe von Schulen, Geschäften, Bahnhöfen, anderen Verwaltungen etc. Die Limburger Stadtverwaltung geht den entgegengesetzten Weg: Sie residiert zukünftig dort, wo sonst (fast) niemand ist (nämlich auf der Grünen Wiese) und alle erst hinkommen müssen.

Drei Worte fassen die unselige Rathausverlagerung zusammen: Sie ist teuer, rückwärtsgewandt, kurzsichtig. Und für die Limburger Innenstadt mit ihren Cafés und Geschäften potenziell tödlich.

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