Mittwoch, 21. Dezember 2016
Einstimmig und lang
war die Haushaltsdebatte in der Stadtverordnetenversammlung. Nachdem NNP und VTAktuell.net ihre Zusammenfassung gebracht haben, versucht Limblog es jetzt auch einmal, wenngleich dies schwer fällt. Auf die Länge der Reden soll hier nicht weiter eingegangen werden. Nur so viel: Amnesty International ist nie da, wenn man es braucht.
Die Einstimmigkeit zieht zwei Fragen nach sich: Bei aller Freude über so viel Konsens - dient es der demokratischen Kultur wirklich, wenn in einer zentralen Frage wie der Haushaltsaufstellung alle - Demokraten und Sozialisten - einer Meinung sind? Und die zweite Frage lautet: Wie sollen die Fraktionssprecher Akzente setzen und sich voneinander abgrenzen, wenn sie am Ende doch gemeinsam abstimmen?
Im Folgenden der Versuch, an jeder Haushaltsrede etwas Bemerkenswertes auszumachen.
[1] Über die Linken hatten wir schon berichtet. Gute Rede, knapp und klar auf den Punkt gebracht. Inhaltlich sinnvoll, wenigstens aus linker Perspektive.
[2] Der FDP-Beitrag hat gezeigt, dass man deutlich länger als eineinhalb Jahre über beide Ohren verliebt sein kann, denn die liberale Rednerin betrachtete das Wirken des Bürgermeisters nicht durch die gelbe, sondern die rosarote Brille. Deren diesbezügliche Einfärbung bzw. -trübung war so stark, dass die Fraktionsvorsitzende sogar eine Aufbruchstimmung wahrnehmen konnte, wo der Normalbürger und viele Hahn-Wahlkämpfer nur Stillstand und Bürokratismus erkennen können. Zwischenzeitlich war die Liebeserklärung an den Verwaltungschef so heiß, dass der Hauptamtsleiter (hektisch in diversen Gesetzestexten blätternd) prüfte, ob der Stadtverordnetenvorsteher nicht eine "FSK 18"-Warnung hätte herausgeben müssen.
[3] In hormonell ruhigeren Bahnen trug der SPD-Fraktionsvorsitzende auf rhetorisch gewohnt hohem Niveau seine Rede vor. Auffallend hierbei war, dass er sich kaum mit dem Bürgermeister und den anderen Parteien, dafür aber äußerst ausführlich mit der Landesverwaltung beschäftigte. Verkehrsprobleme? Hessen Mobil ist schuld. Stillstand bei vielen Projekten? Das hessische Finanzministerium ist schuld, weil es die Kommunen nicht ausreichend mit Finanzmitteln austattet. Schlechte Betreuungssituation für Grundschuldkinder? Sie ahnen es schon: Die Landesregierung ist schuld. Die landespolitische Rede des Sozialdemokraten ist einfach zu erklären. Es soll ein Sündenbock aufgebaut werden, der schuld daran ist, dass der Bürgermeister kein einziges seiner ebenso zahlreichen wie ambitionierten Wahlversprechen auch nur näherungsweise umgesetzt hat.
[4] Dem obersten parlamentarischen Christdemokraten ist die inhaltlich ausgefeilteste Rede zu verdanken. Er legte offen, wie weit die Entfremdung zwischen Bürgermeister und SPD schon gegangen ist, denn der Verwaltungschef konnte wichtige stadtpolitische Vorhaben nur umsetzen, weil er von der CDU unterstützt wurde - teils gegen den Willen der SPD. Das wurde besonders deutlich, als der SPD-Fraktionsvorsitzende am Montagabend bei einem DER zentralen Projekte für die Zukunft der Stadt gegen die Vorlage "seines" Bürgermeisters stimmte.
[5] Der Grüne schließlich forderte eine "gemeinsame" Vision der Stadtverordneten bzgl. ihrer Vorstellung von Limburg im Jahr 2030. Abgesehen davon, dass das Wort "Vision" bei Normalsterblichen - jedenfalls wenn sie weniger als 0,1 Promille Alkohol im Blut haben - Hautausschlag auslöst, stellt sich die Frage, warum es in einer parlamentarischen Demokratie EINE GEMEINSAME Vorstellung von der Entwicklung der Stadt geben sollte. Und wenn man am Montagabend hören konnte, wer alles für "bezahlbaren Wohnraum" sorgen, also sozial Schwache nach Limburg locken will, dann scheint die Vision zu sein, Limburg zu einem zweiten Offenbach machen zu wollen. Aber dazu demnächst mehr.
Ansonsten gilt: Die Reden waren viel zu lang, aber allesamt nicht schlecht; der Umgang der Parteien miteinander ist sachlich und konstruktiv, die Kommunikation höflich. Weiter so, aber bitte kürzer.
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