Sonntag, 15. November 2020

Ermächtigungsgesetz? Berufsverbote?

 

So mancher ist ein genialer Gastromanager und sympathischer Gastgeber. Und sein Essen und seine Weine sind ein Hochgenuss.

Leider ist der hier Gemeinte beim Nachdenken über Politik und Geschichte nicht ganz so erfolgreich. Gestern hat er einen Beitrag geteilt, in dem die derzeitigen Corona-Maßnahmen als "Ermächtigungsgesetz" bezeichnet werden und unter anderem die drohenden "Berufsverbote" mit der "DDR" in Verbindung gebracht werden, deren Ende mit den Montagsdemonstrationen eingeleitet wurde.
 
Dazu ein paar Erläuterungen:
 
Das "Ermächtigungsgesetz" (offiziell "Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich") wurde im März 1933 verabschiedet. Es setzte alle Grundrechte de facto außer Kraft, stellt damit den Startpunkt der Nazidiktatur dar und war unmittelbare Voraussetzung für die sofort einsetzende Verfolgung Andersdenkender, darunter zunächst hauptsächlich Kommunisten und Sozialdemokraten. Sie wurden in die entstehenden KZs gebracht (u.a. Dachau), um dort misshandelt, gedemütigt und in vielen Fällen ermordert zu werden. Der weitere Gang der Dinge ist bekannt.
 
"Berufsverbote" gab es in der deutschen Geschichte vor allem zwischen 1933 und 1945 sowie ab 1949 in der DDR. Sie trafen einerseits Juden (im 3. Reich) und andererseits Regimegegner und -kritiker aller Art in der "DDR". Wer zum Beispiel Eltern hatte, die sich weigerten, an den pseudodemokratischen Wahlen in der "DDR" teilzunehmen, durfte unter Umständen nicht seinen Wunschberuf ergreifen.
 
Wenn der Deutsche Bundestag ein Gesetz beschließt, um die Folgen einer Pandemie einzudämmen, dann kann man das für richtig oder falsch halten. Es ist aber kein "Ermächtigungsgesetz". Wenn die Unternehmen in einzelnen Branchen zeitweise schließen müssen, dann kann man das für richtig oder falsch sein. Es ist aber kein Berufsverbot.
 
Jeder hat Verständnis für diejenigen, die jetzt massive wirtschaftliche Opfer bringen müssen. Ihnen muss so gut wie möglich geholfen werden. Wir sollten aber auch an die denken, die ohne die Maßnahmen schwer krank werden oder sterben müssen. Zu vielen ist genau das schon passiert.
 
Allen, die die derzeitigen Verhältnisse für diktatorisch halten, sei gesagt: die Grenzen sind kaum bewacht (es gibt, anders als es in der "DDR" war, keine Mauern, keine Wachtürme und keine Selbstschussanlagen) und unser Strafgesetzbuch kennt (anders als es in der "DDR" war) den Straftatbestand der "Republikflucht" nicht. Gute Reise!
 

 

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