Dienstag, 23. Mai 2017

Der Weg nach Ste.-Foy-lès-Lyon

Die Partnerschaftsurkunde der zweiten Verschwisterungsfeier 1968. Foto: Stadtarchiv Limburg

Von Stadtarchivar Dr. Christoph Waldecker


Die älteste mitteleuropäische Städtepartnerschaft datiert auf das Jahr 836 und war zunächst rein geistlicher Natur. Die Gebeine des heiligen Bischofs Liborius (4./5. Jahrhundert) wurden von Le Mans nach Paderborn übertragen. Daraus entwickelte sich eine Gebetsverbrüderung beider Bischofskirchen, die die Jahrhunderte überdauerte und 1967 auch zu einer weltlichen Städtepartnerschaft führte.


Im Mittelalter verbanden sich Städte meist aus militärischen oder wirtschaftlichen Gründen, wie dies etwa bei der Hanse oder dem Lombardischen Städtebund der Fall war.


Die Erfahrungen bei beiden Weltkriege verdeutlichten, dass Friedenspolitik und Völkerverständigung an der Basis, in den Kommunen, anfangen mussten. 1947 gab es die ersten Partnerschaften zwischen deutschen und britischen Großstädten, z.B. Bonn und Oxford. 1950 schlossen Ludwigsburg und Montbéliard die erste deutsch-französische Partnerschaft.


Der Limburger Magistrat diskutierte 1954 darüber, ob eine Verbindung mit einer englischen Stadt eingegangen werden solle. Über den Hockey-Club gab es diverse Verbindungen. Von der Größe hätte Ramsgate an der südöstlichen Spitze Englands gut zu Limburg gepasst. Zu einer Verschwisterung kam es nicht, doch schon 1957 gab es Gespräche mit Lichfield.


Ab 1956 bemühte sich Limburg um einen französischen Partner. Ein erster Vorschlag, unterbreitet von der Deutsch-Französischen Gesellschaft, Zweiggruppe Limburg, war Laon. Einige Monate später lag der nächste Vorschlag auf dem Tisch, diesmal von der Bürgermeister-Union: Vanves, eine der Pariser Vorstädte. Dort zeigte man sich der Idee gegenüber sehr wohlwollend und es wurde schon ein Termin für eine Verschwisterungsfeier festgelegt. Von Limburger Seite kam nun keine Reaktion mehr. Dafür wurde im Frühjahr 1960 im Magistrat entschieden, mit Laon und Autun in Kontakt zu treten. Aus Laon wurde jedoch mitgeteilt, man sei derzeit zu keiner Partnerschaft bereit, Autun stand bereits in Verbindung zum pfälzischen Kusel. Ein aus dem Magistrat kommender Vorschlag, an Châlons-sur Marne (heute: Châlons-en-Champagne) heranzutreten, wurde nicht verfolgt.


Franz-Josef Ebbert, seit Juli 1960 Limburger Bürgermeister, plante, die Partnerschaftsfrage energischer als sein Vorgänger Joseph Schneider anzugehen. Dennoch überließen Magistrat und Gremien die Angelegenheit zunächst der Deutsch-Französischen Gesellschaft. Von dort wurde Verdun vorgeschlagen, doch offenbar gab es keine Bemühungen des Magistrates in diese Richtung.

Bürgermeister Ebbert (rechts) bei seinem informellen Besuch in Pont-à-Mousson. Foto: Stadtarchiv Limburg

Am 19. Februar 1962 wurde das Thema Partnerschaft in der Stadtverordnetenversammlung kontrovers diskutiert. Es gab sowohl Befürworter für die Verbindung mit einer englischen wie mit einer französischen Stadt. Die Angelegenheit wurde schließlich in den Hauptausschuss verwiesen, der sich im Oktober 1963 für eine Partnerstadt in Frankreich aussprach. 


Im Sommer 1964 unternahm Bürgermeister Ebbert eine private Reise nach Pont-à-Mousson in Lothringen und führte dort Gespräche. Er berichtete im Anschluss dem Magistrat und empfahl offiziell Verbindung aufzunehmen. Der gleichzeitig im Raum stehende Vorschlag, auch mit Vertretern der Stadt Toul zu sprechen, wies Ebbert zurück, da seiner Meinung nach diese „einen weniger lebendigen Eindruck“ mache. Im gleichen Jahr besuchte der Bürgermeister noch das elsässische Haguenau, doch brachte dies kein Ergebnis.


Durch den Weggang Ebberts aus Limburg ruhte das Partnerschaftsthema zunächst. Sein Nachfolger Josef Kohlmaier packte es wieder an. Dabei erfuhr er, dass der Gemeinderat von Pont-à-Mousson inzwischen für eine Partnerschaft mit Landstuhl votiere, wohin auch zahlreiche Gruppen bereits Verbindungen hätten. Von der Geschäftsstelle der Gemeinden Europas in Mühlheim am Main wurde Antibes vorgeschlagen. 

Bei einer Besprechung im Sommer 1965 machten die Vertreter der deutsch-französischen Gesellschaft dem Bürgermeister deutlich, dass eine zu große Entfernung zu einer Partnerstadt dem Vorhaben abträglich sei. Sie schlugen das östlich von Paris gelegene Meaux vor. Dort dankte man für die Ehre, in Betracht gezogen worden zu sein, lehnte aber ab, da die Stadt zu wenige Unterkunftsmöglichkeiten habe, um Partner aufzunehmen.


Seit Anfang Dezember 1965 gab es Kontakte mit Sainte-Foy-lès-Lyon. Dies hatte Kurt Schwerdt, der Bürgermeister von Biedenkopf, angeregt, dessen Stadt sich schon 1960 mit einem französischen Partner verbunden hatte. Zwischen Februar 1966 und Februar 1967 kam es zu wechselseitigen Besuchen städtischer Delegationen. 1966 besuchten 50 Jugendliche aus Sainte-Foy-lès-Lyon die Domstadt. Die Kontakte waren von großer Herzlichkeit geprägt, so dass am 11. November 1966 in Limburg die Städtepartnerschafskommission gegründet wurde. Am 14. März 1967 sprachen sich die Stadtverordneten einstimmig für eine Partnerschaft mit der französischen Stadt aus. An das von der Internationalen Bürgermeister-Union vorgeschlagene Saint-Germain-en-Laye in der Ile de France wurde nicht mehr herangetreten.


Am 27. Mai 1967 war es endlich soweit: Bürgermeister Josef Kohlmaier und Maire Raymond Barlet unterzeichneten in einem Festakt im St. Georgshof die Verschwisterungsurkunde. Im Sitzungssaal des Rathauses wurde das Wappen der Partnerstadt angebracht. Der Maire trug sich ins Goldene Buch ein. 
Einladung der Stadt Limburg zur Verschwisterungsfeier mit Ste. Foy. Foto: Stadtarchiv Limburg

„Die Stadt Limburg ist glücklich, sich heute einreihen zu können in den Kreis derer, die mitbauen am Werk der deutsch-französischen und der europäischen Aussöhnung und Verständigung. Sie ist glücklich, in den Menschen aus Sainte-Foy-lès-Lyon Partner gefunden zu haben, die der Verwirklichung dieses Gedankens in gleicher Weise anhängen,“ sagte Bürgermeister Kohlmaier bei den Feierlichkeiten.Auch viele Vereine tragen den Partnerschaftsgedanken mit, so dass es im Laufe der Jahre zu einem regen Austausch kam. Seit 1971 hat Limburg durch Umbenennung der vormaligen Marktstraße eine Ste.-Foy-Straße, die Partnerstadt erhielt eine Avenue de Limburg.

Am 29. Mai 1967 berichtete die Nassauische Landeszeitung zweisprachig über die neue Partnerschaft. Das kunstvoll geschmiedete Doppelwappen der Städte (links), das die Delegation aus Ste. Foy den Limburgern überreichte. Beigeordneter Lavigne und sein Kollege Barbier zeigten das Geschenk. In der Bildmitte ist der Kornmarkt zu sehen, auf dem die Nachmittagskundgebung stattfand. Auf dem Bild rechts erhält Bürgermeister Barlet von seinem Limburger Amtskollegen Josef Kohlmaier die Partnerschaftsurkunde. Foto: Stadtarchiv Limburg

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.