Mittwoch, 11. Oktober 2017

Was ist eigentlich "Streetfood"?

Am ersten Novemberwochenende wird es in Limburg ein "Streetfood"-Fest geben - und gleichzeitig in Weilburg eine "Foodtruck"-Meile. Da liegt es nahe, einmal zu ergründen, was "Streetfood" überhaupt ist. Dazu Wikipedia: "Street Food" (auch "Streetfood") ist als Anglizismus ein Ausdruck für Speisen und Getränke, die für eine Zwischenmahlzeit entweder von einem fahrbaren Verkaufsstand aus auf einer öffentlichen Verkehrsfläche, auf einem Markt oder Jahrmarkt angeboten oder unterwegs beim Aufenthalt auf einer öffentlichen Verkehrsfläche verzehrt werden."
Street Food ist also Fast Food, das nicht in einem Fast-Food-Restaurant, sondern an einem Stand auf der "Straße" erworben wurde - bzw. welches wenigstens "beim Aufenthalt auf einer öffentlichen Verkehrsfläche" verzehrt wird. Es kann sich dabei also auch einfach um "Essen zum Mitnehmen" (oder präziser: "Togo"-Gerichte) handeln.

Über solche sterilen Begriffsabgrenzungen hinaus ist Street Food aber viel mehr: Es ist eine notwendige Voraussetzung dafür, dass die Megacities dieser Welt entstehen, überleben und auch noch wachsen können. Darauf hat der Economist unlängst in einem hochinteressanten Beitrag hingewiesen. Die Quintessenz: Metropolregionen mit einer zweistelligen Millionenzahl an Einwohnern sind dringend darauf angewiesen, dass die Leute schnell, einfach, möglichst wohlschmeckend und vor allem kostengünstig mit Kalorien versorgt werden. Die Industrie- und Servicearbeiter in Sao Paolo, Mexiko City, Bangkok, Jakarta, Lagos und sonstwo haben in der Regel weder die Zeit noch (rein technisch) die Möglichkeit, sich ein warmes Essen selbst zuzubereiten. Entsprechend ist das Angebot der vielen Streetfood-Verkäufer (oft in der Form sog. "Garküchen"; siehe Foto: ein Beispiel aus Peking) genau auf sie zugeschnitten. Es ist daher auch kein Wunder, dass gerade New York als einzige unter den Großstädten in den reichen Ländern noch über eine Streetfood-Bandbreite und -qualität verfügt, wie man sie sonst nur noch in den Schwellenländern findet. Denn New York war bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts das, was Sao Paolo, Lagos&Co heute sind: Sehnsuchts- und Zufluchtsort für sehr viele, die ihr Glück woanders nicht machen können, bereit sind, hart zu arbeiten - ...und während sowie nach der Arbeit hungrig sind. Auf Streetfood natürlich. Dessen Zubereitung wiederum Zehntausenden von Familien wiederum ein Auskommen ermöglicht.

Vor diesem Hintergrund wird das Limburger "Streetfood"-Festival Anfang November sicher der Wikipedia-Definition gerecht. Mit dem, was Street Food für Milliarden Menschen bedeutet, hat es aber herzlich wenig zu tun. Aus blitzblank glänzenden Wagen werden hochwertige Burger, ansprechendes Sushi und ausgefallene Wrapvarianten feilgeboten. Hingehen lohnt sich wahrscheinlich trotzdem. Erstens, weil es sicher schmeckt, und zweitens, weil der Neumarkt an diesem Wochenende wieder zeigen kann, was man aus ihm machen könnte, wenn man ihn nicht jeden Tag mit Autos vollstellen würde.

Wie hier in Peking stellt Streetfood in den Megacities der Schwellenländer eine schnelle, günstige und schmackhafte Versorgung der Menschen sicher. Mit dem, was hierzulande auf "Streetfood"-Festivals verkauft wird, hat es wenig mit nichts zu tun.

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