Donnerstag, 26. April 2018

Das Bistum und der Glaspalast: Tebartz reloaded?

Stadt und katholische Kirche wollen große Teile des Mundipharmakomplexes übernehmen, um dort größere Teile ihrer Verwaltungen unterzubringen. Während sich das Rathaus für diesen Millionendeal harsche Kritik gefallen lassen muss, sind Bischof und Bistumsleitung bislang kaum unter Rechtfertigungsdruck geraten. Das ist angesichts der Geschichte, die unsere Diözese in der Abteilung „Selbstgenutzte Immobilien“ hat, mehr als erstaunlich. Dabei wirft das angestrebte Geschäft, gerade vor dem Hintergrund des Tebartz-Skandals, eine Reihe grundsätzlicher Fragen auf, die bisher nicht einmal ansatzweise diskutiert, geschweige denn beantwortet worden sind.

[1] Wie wirkt der Millionendeal – innerhalb und außerhalb der Kirche?


Antwort: Nicht gut. Seit mittlerweile fast zwei Jahrzehnten treibt das Bischöfliche Ordinariat die Pfarrer, Ehrenamtlichen und Gläubigen in den Pfarreien ohne Pause durch einen euphemistisch so genannten Erneuerungsprozess, der in Wahrheit ein reiner Schrumpfungsprozess ist. Die Volkskirche wird abgewickelt. Man spart an allen Ecken und Enden, die Pfarreien werden größer, die Belastungen für die Pfarrer und ihre Mitarbeiter steigen. Die Kirche gibt altehrwürdige Standorte auf (z.B. Villmar) und reduziert die finanzielle Unterstützung der in den Dörfern und Stadtteilen Aktiven auf ein Minimum. Da dürften es die immer weniger werdenden Gläubigen kaum verstehen, dass sie künftig aus der ehemaligen Zentrale eines internationalen Pharmakonzernes verwaltet werden. Und auch die ehemaligen Mundipharma-Mitarbeiter, die von ihrem Arbeitgeber mit vollendeter Herablassung abgefertigt wurden, dürften mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis nehmen, dass in ihren Büros jetzt Mitarbeiter der katholischen Kirche sitzen. Deren Kapitalismuskritik scheint da aufzuhören, wo das Preis-Leistungs-Verhältnis der Unternehmungen stimmt. Die christlich-sozialen Vorkämpfer für Gerechtigkeit sorgen dafür, dass die Mundipharma-Eigner noch einmal richtig Reibach machen.

[2] Braucht ausgerechnet die schrumpfende katholische Kirche so viel neuen Büroraum?


Antwort: Nein. Wenn die katholische Kirche eines im Überfluss hat, dann sind das Immobilien, die sie nicht mehr benötigt. Schon jetzt steht die Menge an Räumlichkeiten in keinem Verhältnis zu der Zahl der Nutzer und möglichen Nutzungen. Und auch das „Haus der Dienste“ und das Katharina-Kaspar-Haus will man ja nicht abreißen, sondern bloß sanieren – jedenfalls ist das der letzte Stand der Verlautbarungen und der Anlass für den Mundipharmadeal. Beide Gebäude sind also irgendwann wieder verfügbar. Da ist unmäßiges Flächenwachstum im besseren Fall einfach nur kurzsichtig, im schlechteren aber grob fahrlässig. Eine Institution in Abwicklung wie die katholische Kirche braucht kreative Lösungen, um ihren Niedergang für alle Beteiligten erträglich zu gestalten. Teilsanierungen der derzeit genutzten Gebäude, Auslagerung einzelner Einheiten in angemietete Büros, Nutzung derzeit schon leer stehender Gebäude – all das wäre angebracht gewesen, wurde aber verworfen.

[3] Wie passt die Millioneninvestition auf der Grünen Wiese zu den Nachhaltigkeitsversprechen der Kirche?


Antwort: Überhaupt nicht. Bürogebäude auf der Grünen Wiese vernichten landwirtschaftliche Nutzflächen, erzeugen unnötigen Verkehr und schaden den Geschäften sowie der Gastronomie in der Innenstadt. Zwar will das Bistum einen bereits bestehenden Gebäudekomplex nutzen; dies stützt aber die Nachfrage nach Flächen im Außenbereich und sorgt damit indirekt für Neubauten auf ehemaligen Agrarflächen. Dass das Bistum gleichzeitig Nachhaltigkeit und Maßhalten predigt, lässt sich damit nicht in Einklang bringen.

Fazit


Niemand neidet den bischöflichen Bediensteten ihre vollklimatisierten, lichtdurchfluteten Büros in einem hypermodernen, architektonisch anspruchsvollen Gebäude. Dass sich das Bistum jedoch ausgerechnet jetzt an einer Millionentransaktion um einen Büro-Glaspalast auf der Grünen Wiese beteiligt, dürften nur wenige verstehen. Die mühsamen Versuche aller Verantwortlichen im Bistum, bei den Gläubigen und in der Welt wieder Vertrauen zu gewinnen, könnten scheitern. Zu Recht – denn der angestrebte Umzug in den Mundipharma-Glaspalast auf der Dietkircher Höhe ist instinktlos, überflüssig und nicht nachhaltig.

Millionendeal um Glaspalast: Hier soll die Verwaltung des Bistum Limburg einziehen. Foto: Stadtverwaltung

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