Montag, 30. Juli 2018

In jenen Tagen...

...kamen sich im Palast von Pontius Pilatus die „Kampagne für ein freies Galiläa“ und die „Judäische Volksfront“ (oder war es die „Volksfront von Judäa“?) in die Quere, während die „Populäre Front“ ihrem Aussterben entgegensah. So berichtet es wenigstens eine ausgesprochen glaubwürdige Quelle.

Ein ähnlich zersplittertes Bild wie die anti-römischen Widerstandsgruppen vor 2000 Jahren bieten die in der Limburger Kernstadt aktiven Bürgerinitiativen, welche sich im Bereich Verkehrspolitik engagieren. Denn auch von denen gibt es mittlerweile vier: Am Wochenende hat die „Interessengemeinschaft gegen die Bebauung des Grünzuges/Frischluftzone Großbachtal“ die politische Bühne unserer Stadt betreten. Mit einem vierseitigen Schreiben, das die Anwohner des Großbachtals gestern in ihren Briefkästen vorfanden, wendet sich die IG gegen die Aufgabe des Großbachtales als Frisch- und Kaltluftschneise für die Innenstadt. Das Großbachtal verläuft von der Holzheimer Straße zwischen Sandweg auf der einen und Moritz-Hilf- bzw. Gerhart-Hauptmann-Straße auf der anderen Seite bis zur Zeppelinstraße und von dort zwischen den Bauabschnitten Blumenrod III und IV hindurch auf das Feld zwischen Linter, Blumenrod, Holzheim und Mensfelder Kopf. 

Schon in jahrzehntealten Plänen ist das Großbachtal als die besagte Schneise zur Versorgung der Innenstadt mit Frisch- und Kaltluft verzeichnet. Die Interessengemeinschaft sieht mit Sorge, dass das Tal aufgrund unterschiedlicher politischer Entscheidungen nicht mehr in der Lage sei, seine kleinklimatische Funktion für Limburg zu erfüllen. Mit den neuen Mehrfamilienhäusern an der Einmündung des Sandweges in die Holzheimer Straße sei bereits der untere Teil der Schneise geschlossen worden. Sollten die Bauabschnitte Blumenrod V und VI realisiert werden, träfe dies auch auf den oberen Teil zu. Und wenn dann auch noch die Südumgehung durch das „Paradies“ und das Großbachtal realisiert werde, verliere Limburg einen gerade in Zeiten des Klimawandels und der Luftverschmutzung eigentlich unverzichtbaren Teil seiner „grünen Lunge“. In ihrem Flugblatt insinuieren die Autoren, dass das Abschneiden des Großbachtals von der Innenstadt und vom Gebiet um den Mensfelder Kopf Teil einer ausgeklügelten Strategie ist: Wenn das Tal erst einmal seine Aufgabe als Luftschneise unwiederbringlich eingebüßt habe, stehe der Südumgehung aus Sicht der Politik nichts mehr im Wege. Dabei gehe es im Falle dieses schon lange und heftig umstrittenen Verkehrsprojektes anders als vielfach behauptet in erster Linie gar nicht um die Lösung Limburger Probleme, sondern um eine paneuropäische West-Ost-Achse von Portugal nach Polen.
Mit ihrer (wenn auch verschwörungstheoretischen) Argumentation gegen die Südumgehung durch das Paradies reiht sich die neue Bürgerinitiative in die Gruppe der bislang drei anderen verkehrspolitischen Initiativen ein.

Da wären zunächst die „Bürger gegen die Südtangente“. Sie gründeten sich in den 1990er Jahren, nachdem die Stadtverwaltung 1993 die Idee einer Westumgehung (von der Verlängerung der Diezer Straße in Diez an der JVA vorbei durch das Schierlinger Feld zum „Staffeler Dreieck“) verworfen und sich wieder der Südumgehung über die Alttrasse durch das „Paradies“ zugewandt hatte. Die „Bürger gegen die Südtangente“ waren auch erfolgreich und konnten die „Südtangente“ (die wegen der enormen Entwicklung der Südstadt längst keine Tangente mehr ist, sondern eine Sekante) verhindern, vorläufig wenigstens.

Mit der Wahl von Martin Richard zum Bürgermeister kam 1997 nämlich eine neue Variante auf den Tisch: Vom Diezer Industriegebiet über die Straße nach Holzheim an Blumenrod vorbei durch die Eppenau zur Autobahnanschlussstelle Limburg-Süd. Gegen diese Idee richtete sich die Bürgerinitiative „Keine Südumgehung Limburg“.

Auch sie war erfolgreich, konnte die „Richard-Variante“ doch verhindert werden – und seit ein paar Jahren ist die „Alttrasse“ wieder aktuelle Beschlusslage der Stadtpolitik. Dass sie auf absehbare Zeit nicht gebaut werden wird, ist darauf zurückzuführen, dass der Bund für sehr lange Zeit nicht bereit sein wird, das erforderliche Geld bereitzustellen. Wir reden dabei von wahrscheinlich rund 100 Mio. Euro.

Dass es keine Umgehung und deshalb massive Verkehrsprobleme in der Innen- und vor allem auch der Weststadt gibt, hat die „Initiative Weststadt“ auf den Plan gerufen, die insbesondere für eine Entlastung der Diezer Straße kämpft.

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