Freitag, 30. Juni 2023

Trauer um Karl-Winfried Seif

Zoon politikon, homo politicus, political animal: ganz unterschiedliche Sprachen kennen einen Begriff für den Typ Mensch, der sich mit Haut und Haaren der Arbeit für das Gemeinwesen verschrieben hat. „Vollblutpolitiker“ wäre wohl eine treffende Übersetzung ins Deutsche. Wenn es in unserer Stadt jemals jemanden gegeben haben sollte, auf den diese Bezeichnung zutrifft, dann war es Karl-Winfried Seif, der gestern im Alter von 79 Jahren verstorben ist.
 
Karl-Winfried (oder kurz „KW“) Seif wurde 1943 geboren und wuchs in einem politischen Elternhaus auf. Schon sein Vater war aktiver Kommunalpolitiker in Limburg, und auch KW übernahm früh Verantwortung. Nach der Gebietsreform ging der Christdemokrat 1972 in den neu geschaffenen Ortsbeirat Limburg-Kernstadt und wurde Limburgs erster Ortsvorsteher. Damit begann eine ebenso lange wie beeindruckende politische Karriere, die über die Stadtverordnetenversammlung und den Kreistag schließlich 1991 in den Landtag führte. 1994 wurde KW Seif Erster Kreisbeigeordneter. Sein Versuch, den amtierenden Landrat Dr. Manfred Fluck (SPD) in der ersten Direktwahl um dieses Amt abzulösen, scheiterte. Seifs politischer Aufstieg ging dennoch weiter. Ministerpräsident Roland Koch wurde auf ihn aufmerksam und machte ihn zum Staatssekretär, was er bis 2009 blieb (zuerst im Sozial-, dann im Umweltministerium). 
 
Vor seinem Wechsel in die bezahlte Politik arbeitete der Elektroingenieur Karl-Winfried Seif lange für die Deutsche Bundesbahn und engagierte sich in der Eisenbahnergewerkschaft, für die er von 1980 bis 1989 auch hauptberuflich als Gewerkschaftssekretär tätig war. Sein langjähriger ehrenamtlicher und beruflicher Einsatz für die Gewerkschaft ist kein Zufall: Seifs Perspektive auf die Politik war stets diejenige der „normalen Leute“. Er fühlte sich dem christlich-sozialen Flügel der CDU verbunden und war ein glühender Anhänger von Norbert Blüm und Heiner Geißler. Eine Marktwirtschaft ohne möglichst weitgehenden sozialen Ausgleich war für ihn undenkbar. Letztendlich war dafür der Staat zuständig, aber auch Arbeitgeber und Gewerkschaften mussten ebenso wie jeder Einzelne im täglichen Leben an einer menschlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung mitarbeiten. Davon war Karl-Winfried Seif zutiefst überzeugt.
 
Entsprechend stellte sein letztes „großes“ Amt (Landesvorsitzender des VdK Hessen) eine ebenso passende wie würdevolle Krönung eines langen Lebens dar, das von unermüdlichem Engagement für die Mitmenschen geprägt war. Ein „Hans Dampf in allen Gassen“ hat Limburg und die Region verlassen. Er wird fehlen.
 
Bildquelle: VDK Hessen
 

 

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