Mittwoch, 15. Juni 2016

VOM METZGER ZUM WURSTINGENIEUR


Die IHK Limburg sieht mit Sorge, dass die Landesregierung den Berufsschulstandort Limburg rupfen könnte. Das ist eine der zentralen Aussagen einer aktuellen Pressemitteilung der Kammer (Link siehe unten). Hauptgrund für die in Wiesbaden geplante Neuformierung der hessischen Berufsschullandschaft ist die sinkende Zahl von Berufsschülern. Denn: Immer weniger Schulabgänger interessieren sich für eine Lehre und streben einen „höheren“ Bildungsabschluss an. So stirbt mit der dualen Berufsausbildung eine der Grundlagen unseres Wohlstands. Diese Fehlentwicklung, den sogenannten „Akademisierungswahn“, haben wir Bildungspolitikern aller Parteien zu verdanken, deren Denken von drei Irrtümern geprägt ist. Der erste Irrtum besteht darin zu glauben, dass alles, was deutsch und historisch gewachsen ist, „reformiert“ werden muss. Hauptsache etwas anderes, idealerweise mit schickem englischem Namen. Im vorliegenden Fall: Bachelor und Master statt Geselle und Meister. Der zweite Irrtum: „Höherer“ Abschluss gleich mehr Bildung. Diese Gleichung geht nicht auf. Als Hochschullehrer habe ich täglich mit „Abiturienten“ zu tun, die ein einfacher Dreisatz überfordert, die nämlich mit „h“ schreiben und die in der Volkswirtschaftsvorlesung zum ersten Mal in ihrem Leben den Namen „Ludwig Erhard“ hören. Sollten sie das Studium schaffen, bekommen sie zwar eine schöne bunte Zeugnisurkunde, haben aber keine Chance auf einen halbwegs angemessenen Arbeitsplatz. Der dritte Irrtum äußert sich in der Verwendung der Begriffe „höher“ und „niedriger“, wenn es um Bildungsabschlüsse geht. Wer hat eigentlich in die Welt gesetzt, dass ein „Master of Science in Sociology“ gebildeter ist als eine Hebamme, ein Konditormeister oder ein Mechatroniker? Oder anders ausgedrückt: Schmeckt die Salami in Zukunft wirklich besser, nur weil sie dann vom Wurstingenieur mit Bachelorabschluss gemacht wird – und nicht mehr vom Metzger?





 

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