...wie es in der abgebildeten Werbung für den „Nassauer Boten“ (Quelle:
Adressbuch der Stadt Limburg, 1935) heißt, kommt die Nassauische Neue
Presse als Nachfolgerin „des Boten“ schon lange nicht mehr – eher
vielleicht in jedes dritte oder vierte, wenn überhaupt. Die große Zeit
der Lokalzeitungen im Allgemeinen, aber auch der Nassauischen Neuen
Presse im Besonderen scheint abgelaufen. Ob und wie das Blatt eine
Zukunft haben kann, wird man sehen. Allzu rosig sieht sie aber aus
heutiger Perspektive nicht aus.
Woran liegt das? Traditionelle
Abo-Lokalzeitungen müssen sich, sollen sie erfolgreich sein, dreifach
verkaufen: Auf dem Abomarkt, dem Aufmerksamkeitsmarkt und dem
Anzeigenmarkt, wobei letzterer noch einmal unterschieden werden kann in
den Markt für klassische Unternehmensanzeigen sowie den
Kleinanzeigenmarkt („Rubrikenmärkte“). Die Zeitungsmacher müssen mithin
zunächst einmal Menschen finden, die bereit sind, ein Abo abzuschließen –
es geht schlicht um das liebe Geld. Selbst wenn viele Leute bereit
wären, das Abo zu bezahlen, oder es sich sogar um eine Gratiszeitung
handelte, müsste die Zeitung andererseits im Wettbewerb um die
Aufmerksamkeit der Leser bestehen. Deren Zeitbudget ist nämlich noch
strikter begrenzt als ihr finanzielles – auf 24 Stunden am Tag, mehr
geht nicht. Dass der Wettbewerb der Medienunternehmen um das Geld und
die Zeit der Nutzer immer härter wird, ist kein Geheimnis. Nicht erst
seit der Geburt der sogenannten sozialen Medien steigt die Anzahl der
Unterhaltungs- und Informationsangebote, von denen noch dazu sehr viele
kostenlos sind. Hier sieht die Nassauische Neue Presse als klassische
gedruckte Lokalzeitung alt und immer älter aus.
Das schwächt ihre
Position auf dem Anzeigenmarkt. Man muss kein Medienexperte sein, um zu
verstehen, dass die Attraktivität einer Werbeplattform mit ihrer
Reichweite steigt bzw. fällt. Hier kommt ein fataler Netzwerkeffekt zum
Tragen: Wenn die Leser ausbleiben, sinken die Werbeeinnahmen. Sinkende
Werbeeinnahmen führen zu Einsparungen in der Redaktion (dem
entscheidenden Kostenblock), das drückt die Qualität, woraufhin mehr und
mehr Abonnenten abspringen. Das funktioniert natürlich grundsätzlich
auch in die andere Richtung, aber die NNP ist hier eindeutig auf dem
absteigenden Ast.
Das ist schade. Man mag sich über die NNP hin
und wieder oder auch oft ärgern. Hier auf diesem Blog ist sie auch nicht
immer nur gut weggekommen. Aber wenn es sie nicht gäbe, müsste sie
erfunden werden. Jede Gemeinschaft, in diesem Fall die Bewohner des
„Nassauer Landes“ (verstanden als Altkreis Limburg sowie jeweils ein
angrenzender Teilbereich des Westerwald- sowie des Rhein-Lahn-Kreises),
braucht mindestens einen gemeinsamen Kommunikationskanal. Diesen sollten
Profis betreiben, die ihr Geschäft gelernt haben und bei Themenauswahl
sowie Berichterstattung in jeder Hinsicht unparteiisch sind. Mit
Abstrichen erfüllt die Nassauische Neue Presse dieses Anforderungen nach
wie vor.
Im Ergebnis haben die Mitglieder der Gemeinschaft
(hier: die Limburger, Diezer, Hadamarer etc.) eine regelmäßige
gemeinsame Informationsbasis, die nicht der Weisheit letzter Schluss,
aber eine gute informationelle Ausgangsbasis für Kommunalpolitiker,
Vereinsaktive, Geschäftsleute, Künstler und die mündigen Bürger
insgesamt ist.
Wer wissen will, wie die Alternative aussieht,
findet sie unter anderem bei Facebook: Dort haben die meistens negativen
Seiten der Verschwörungstheoretiker und Radikalinskis dieser Welt
deutlich mehr Zulauf als die differenziert abwägenden Posts der
Facebookableger von NNP, Rhein-Lahn-Zeitung, mittelhessen.de &Co.
„Briefträger beißt Hund“ generiert eben deutlich mehr Klicks als „Hund
beißt Briefträger nur in Ausnahmefällen, wenn überhaupt“ – egal ob das
Ereignis stattgefunden hat oder nicht.
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