Montag, 12. März 2018

In fast jedes Haus...

...wie es in der abgebildeten Werbung für den „Nassauer Boten“ (Quelle: Adressbuch der Stadt Limburg, 1935) heißt, kommt die Nassauische Neue Presse als Nachfolgerin „des Boten“ schon lange nicht mehr – eher vielleicht in jedes dritte oder vierte, wenn überhaupt. Die große Zeit der Lokalzeitungen im Allgemeinen, aber auch der Nassauischen Neuen Presse im Besonderen scheint abgelaufen. Ob und wie das Blatt eine Zukunft haben kann, wird man sehen. Allzu rosig sieht sie aber aus heutiger Perspektive nicht aus.

Woran liegt das? Traditionelle Abo-Lokalzeitungen müssen sich, sollen sie erfolgreich sein, dreifach verkaufen: Auf dem Abomarkt, dem Aufmerksamkeitsmarkt und dem Anzeigenmarkt, wobei letzterer noch einmal unterschieden werden kann in den Markt für klassische Unternehmensanzeigen sowie den Kleinanzeigenmarkt („Rubrikenmärkte“). Die Zeitungsmacher müssen mithin zunächst einmal Menschen finden, die bereit sind, ein Abo abzuschließen – es geht schlicht um das liebe Geld. Selbst wenn viele Leute bereit wären, das Abo zu bezahlen, oder es sich sogar um eine Gratiszeitung handelte, müsste die Zeitung andererseits im Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Leser bestehen. Deren Zeitbudget ist nämlich noch strikter begrenzt als ihr finanzielles – auf 24 Stunden am Tag, mehr geht nicht. Dass der Wettbewerb der Medienunternehmen um das Geld und die Zeit der Nutzer immer härter wird, ist kein Geheimnis. Nicht erst seit der Geburt der sogenannten sozialen Medien steigt die Anzahl der Unterhaltungs- und Informationsangebote, von denen noch dazu sehr viele kostenlos sind. Hier sieht die Nassauische Neue Presse als klassische gedruckte Lokalzeitung alt und immer älter aus.

Das schwächt ihre Position auf dem Anzeigenmarkt. Man muss kein Medienexperte sein, um zu verstehen, dass die Attraktivität einer Werbeplattform mit ihrer Reichweite steigt bzw. fällt. Hier kommt ein fataler Netzwerkeffekt zum Tragen: Wenn die Leser ausbleiben, sinken die Werbeeinnahmen. Sinkende Werbeeinnahmen führen zu Einsparungen in der Redaktion (dem entscheidenden Kostenblock), das drückt die Qualität, woraufhin mehr und mehr Abonnenten abspringen. Das funktioniert natürlich grundsätzlich auch in die andere Richtung, aber die NNP ist hier eindeutig auf dem absteigenden Ast.

Das ist schade. Man mag sich über die NNP hin und wieder oder auch oft ärgern. Hier auf diesem Blog ist sie auch nicht immer nur gut weggekommen. Aber wenn es sie nicht gäbe, müsste sie erfunden werden. Jede Gemeinschaft, in diesem Fall die Bewohner des „Nassauer Landes“ (verstanden als Altkreis Limburg sowie jeweils ein angrenzender Teilbereich des Westerwald- sowie des Rhein-Lahn-Kreises), braucht mindestens einen gemeinsamen Kommunikationskanal. Diesen sollten Profis betreiben, die ihr Geschäft gelernt haben und bei Themenauswahl sowie Berichterstattung in jeder Hinsicht unparteiisch sind. Mit Abstrichen erfüllt die Nassauische Neue Presse dieses Anforderungen nach wie vor.

Im Ergebnis haben die Mitglieder der Gemeinschaft (hier: die Limburger, Diezer, Hadamarer etc.) eine regelmäßige gemeinsame Informationsbasis, die nicht der Weisheit letzter Schluss, aber eine gute informationelle Ausgangsbasis für Kommunalpolitiker, Vereinsaktive, Geschäftsleute, Künstler und die mündigen Bürger insgesamt ist.

Wer wissen will, wie die Alternative aussieht, findet sie unter anderem bei Facebook: Dort haben die meistens negativen Seiten der Verschwörungstheoretiker und Radikalinskis dieser Welt deutlich mehr Zulauf als die differenziert abwägenden Posts der Facebookableger von NNP, Rhein-Lahn-Zeitung, mittelhessen.de &Co. „Briefträger beißt Hund“ generiert eben deutlich mehr Klicks als „Hund beißt Briefträger nur in Ausnahmefällen, wenn überhaupt“ – egal ob das Ereignis stattgefunden hat oder nicht.

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