Dienstag, 13. März 2018

NNP: Todesanzeigen als letzter Halt?

Nach dem Überblicksartikel zur Lage und Zukunft der NNP als dem hiesigen Flaggschiff des Lokaljournalismus möchten wir heute und danach in loser Folge einen detaillierteren Blick auf die kommunale (und regionale) Medienlandschaft werfen. Heute soll es um die Zahl der Abonnenten (die den weit überwiegenden Teil der Leserschaft stellen) und die Chancen der Zeitung auf dem Anzeigenmarkt gehen. Weitere Blogposts werden sich mit der NNP als journalistischem Produkt sowie mit der Zukunft des Lokaljournalismus in Limburg befassen.

Wie gestern schon dargestellt und nicht wirklich überraschend, ist ein Medium nur dann als Werbeträger interessant, wenn es eine ausreichende Reichweite hat, also genügend Menschen der sogenannten „werberelevanten Zielgruppe“ erreicht. Im Lokalteil konkurriert „die Nassauische“ hier, sofern es um klassische Werbeanzeigen von Unternehmen geht, im Wesentlichen mit Anzeigenblättern wie der Lahn-Post (die durchaus ambitionierte „Limburger Zeitung“ gab es im vergangenen Jahr nur wenige Monate lang) und aufgemotzten Amtsblättern wie der „Domstadt“. Während Letztere hauptsächlich amtliche und Vereinsnachrichten abdrucken, versucht sich die Lahn-Post auch journalistisch. Dabei fällt auf, dass die freien Mitarbeiter des Blattes deutlich professioneller agieren als die wenigen hauptamtlichen. Insbesondere samstags gelingt es den „Freien“ regelmäßig, richtig gute Geschichten zu platzieren, während das Stammpersonal anscheinend damit beschäftigt ist, wichtige Anzeigenkunden und eine ihnen nahestehende Partei zufrieden zu stellen.

Rein quantitativ kann die NNP hier kaum punkten. Ende 2017 lag die Zahl der Abonnements bei gut 15.000 (siehe Grafik). Definiert man den Kern ihres Verbreitungsbereiches als den Altkreis Limburg und arrondiert man diesen ein wenig (zum Beispiel um Dehrn sowie kleinere Teile des ehemaligen Oberlahngebietes sowie des Westerwald- und des Rhein-Lahnkreises), so dürften in „NNP-Land“ rund 130.000 Menschen leben. Bei einer durchschnittlichen Haushaltsgröße von zwei Personen ergibt das 65.000 Haushalte. Das Blatt steckt morgens somit noch nicht einmal in jedem vierten Briefkasten. Die Konkurrenz von der Lahn-Post kommt zwei Mal die Woche in potenziell alle Briefkästen – nur „potenziell alle“ deshalb, weil sich der „Bitte keine Werbung“-Aufkleber immer weiter verbreitet. Dennoch dürften rund drei Mal mehr Haushalte die Lahn-Post beziehen als die NNP.

Dass die Nassauische Neue Presse trotz dieses quantitativen Nachteils für lokale Unternehmen ein interessanter Werbeträger bleibt, hat qualitative Gründe: Sehr viele Leute werfen die Gratisblätter direkt von der Zeitungsrolle in die blaue Tonne, einige nehmen sie wenigstens mit ins Haus und gucken die eingelegten Werbeprospekte durch, aber nur sehr wenige lesen sie wirklich von vorne bis hinten durch. Aus den vielleicht 75% der Haushalte, die Gratiszeitungen bekommen (der Rest hat „Bitte keine Werbung“-Aufkleber) werden somit vielleicht fünf bis zehn Prozent, die sie lesen – wobei die Prozentzahlen reine Spekulation sind. Von den zahlenden Abonnenten einer Zeitung kann erwartet werden, dass sie das Blatt, für das sie bezahlen, auch konsumieren – und die darin abgedruckte Werbung sie damit viel zuverlässiger erreicht. Das dürfte der Grund dafür sein, dass die NNP immer noch voller Unternehmenswerbung ist und dafür nach wie vor erstaunlich hohe Summen verlangen kann.

Die Werbeanzeigen von Unternehmen sind aber nur ein Teil des Anzeigengeschäftes von Zeitungen (gewesen). Zumindest bis vor knapp zwanzig Jahren trugen Immobilien-, Stellen-, An-/Verkaufs- (z.B. von Autos), Bekanntschafts- und Familienannoncen erheblich zum Anzeigenumsatz gerade von Lokalzeitungen bei. Parship, Immoscout&Co haben dieses Geschäft weitestgehend an sich gerissen. Geblieben sind der NNP eigentlich nur die Todesanzeigen. Das ist folgerichtig, denn die dem Tod nahe Altersgruppe mitsamt der meist ähnlich alten Verwandten und Bekannten stellt sicherlich den Löwenanteil der Abonnenten. Sollten auch noch die Todesanzeigen auf andere Medien abwandern, dann sieht es für eine Lokalzeitung wie die NNP düster aus.

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