Dienstag, 27. März 2018

NNP: Mit dem Relaunch schneller abwärts

Nach den beiden Posts in der vergangenen Woche, die sich mit der aktuellen Situation und wahrscheinlich nicht rosigen Zukunft der NNP beschäftigten, wollen wir nun noch einmal im Detail auf das vergangene Jahr blicken.

Fangen wir mit dem Ergebnis an. Die NNP hat im Jahr 2017 spürbar über zehn Prozent ihrer Abonnenten verloren. In den Jahren zuvor lag der durchschnittliche Rückgang im Schnitt bei rund vier Prozent. Wäre dies auch 2017 so gewesen, dann hätte die NNP Ende des vergangenen Jahres noch etwa mehr als 16.000 Abonnenten gehabt. Tatsächlich waren es zu diesem Zeitpunkt nur noch 15.214 Abos. Das bedeutet: Irgendetwas hat bewirkt, dass die Zeitung 800 Abonnenten mehr verloren hat als (wegen demographischer Effekte, des strukturellen Wandels im Medienverhaltens, der größeren Mobilität gepaart mit Desinteresse am Geschehen vor der jeweiligen eigenen Haustür etc.) üblich. Viel spricht dafür, dass dieses „Irgendetwas“ die Neugestaltung (Relaunch) der Zeitung im Juni 2017 ist.

Diese brachte, wenigstens für die Leser, zwei Veränderungen: die Frankfurter Neue Presse (FNP) und ihre Lokalausgaben wurden inhaltlich erstens neu ausgerichtet und zweitens anders strukturiert. Als Reaktion auf die Herausforderungen der Digitalisierung vermarktete FNP-Chefredakteur Joachim Braun damals eine „andere Art des Journalismus“, die er so umschrieb: „Mehr Analyse, mehr Hintergrund, mehr Fokussierung auf Themen, weniger Klein-Klein und weniger Terminberichterstattung.“ Letzteres, das „Klein-Klein“ und die „Terminberichterstattung“, hat seitdem keinen Platz mehr bzw. wesentlich weniger als zuvor: Vereinsversammlungen, Kappensitzungen, Jahrgangsausflüge, Verleihungen von Ehrennadeln etc. finden in der NNP kaum noch statt. Die Redakteure und die freien Mitarbeiter können nun viel häufiger und ausgeprägter zeigen, was journalistisch in ihnen steckt. Statt immer nur in Hinterzimmern von Gasthöfen mitzuschreiben, wer stellvertretender Schriftführer des Liederkranzes wurde, um dann das obligatorische Gruppenfoto zu schießen („Der neue Vereinsvorstand v.l.n.r.:“), dürfen sie nun seit fast einem Jahr endlich Geschichten erzählen. Das gelingt ihnen sehr oft und sehr gut. Limblog kann der inhaltlichen Neuausrichtung deshalb Einiges abgewinnen. Für wie viele andere Leser das noch gilt, dürfte schwer zu ergründen sein. Die zitierte Entwicklung der Abo-Zahlen legt jedoch nahe, dass die Begeisterung in der Frankfurter Chefredaktion größer ist als an den Frühstückstischen im Nassauer Land. Wahrscheinlich interessiert sich der typische NNP-Leser doch dafür, ob Kurt Schmitt nochmal als Vorsitzender des Verschönerungsvereins weiter macht. Und weit weniger beschäftigt ihn, mit welchen Problemen Hobby-Mineralogen im Zeitalter des Internets zu kämpfen haben. Für die treuen Kunden scheint zu gelten: „Klein-Klein“ schlägt „Fokussierung auf Themen“.

Deutlich schwerer gewogen haben dürfte jedoch die physische Neustrukturierung des Blattes. Aus drei Büchern wurden vier (von denen das Lokale zwei bekam), der Lokalteil war nicht mehr regional sortiert, sondern nach „Relevanz“ der Meldungen, und – am allerallerschlimmsten – die Todesanzeigen wurden irgendwo ganz hinten zwischen Sport und Fernsehprogramm versteckt. Möglicherweise war das alles irgendwie durchdacht, eventuell sogar von Unternehmensberatern mit schicken Folien empfohlen worden. Allein, es kam beim Leser nicht an. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und nicht geneigt, als Versuchskaninchen für (über)ambitionierte Zeitungsmacher zu dienen. Die Abozahlen sprechen da für sich.

Wie es mit der FNP/NNP und ihrer journalistischen Ausrichtung sowie ihrer physischen Struktur weitergeht, steht aus zwei Gründen in den Sternen. Zum Einen muss der Auflagensturzflug irgendwelche Konsequenzen haben. Ein Weiter so ist schwer vorstellbar. Denn die FNP und ihre Lokalausgaben haben ja, zum Anderen, ab demnächst einen neuen Eigentümer – die Zeitungsholding Hessen, hinter der eine Investorenfamilie mit großer Erfahrung im Sektor der regionalen Printmedien steckt. Möglicherweise bringen die die gute alte NNP wieder näher an die Leserinteressen – mehr „Klein-Klein“, mehr „Terminberichterstattung“, und zwar so, dass man auch findet, was man lesen möchte. Ob das die abgewanderten Abonnenten zurückbringt, steht aber in den Sternen.

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