Nach den beiden Posts in der vergangenen Woche, die sich mit der
aktuellen Situation und wahrscheinlich nicht rosigen Zukunft der NNP
beschäftigten, wollen wir nun noch einmal im Detail auf das vergangene
Jahr blicken.
Fangen wir mit dem Ergebnis an. Die NNP hat im Jahr
2017 spürbar über zehn Prozent ihrer Abonnenten verloren. In den Jahren
zuvor lag der durchschnittliche Rückgang im Schnitt bei rund vier
Prozent. Wäre dies auch 2017 so gewesen, dann hätte die NNP Ende des
vergangenen Jahres noch etwa mehr als 16.000 Abonnenten gehabt.
Tatsächlich waren es zu diesem Zeitpunkt nur noch 15.214 Abos. Das
bedeutet: Irgendetwas hat bewirkt, dass die Zeitung 800 Abonnenten mehr
verloren hat als (wegen demographischer Effekte, des strukturellen
Wandels im Medienverhaltens, der größeren Mobilität gepaart mit
Desinteresse am Geschehen vor der jeweiligen eigenen Haustür etc.)
üblich. Viel spricht dafür, dass dieses „Irgendetwas“ die Neugestaltung
(Relaunch) der Zeitung im Juni 2017 ist.
Diese brachte,
wenigstens für die Leser, zwei Veränderungen: die Frankfurter Neue
Presse (FNP) und ihre Lokalausgaben wurden inhaltlich erstens neu
ausgerichtet und zweitens anders strukturiert. Als Reaktion auf die
Herausforderungen der Digitalisierung vermarktete FNP-Chefredakteur
Joachim Braun damals eine „andere Art des Journalismus“, die er so
umschrieb: „Mehr Analyse, mehr Hintergrund, mehr Fokussierung auf
Themen, weniger Klein-Klein und weniger Terminberichterstattung.“
Letzteres, das „Klein-Klein“ und die „Terminberichterstattung“, hat
seitdem keinen Platz mehr bzw. wesentlich weniger als zuvor:
Vereinsversammlungen, Kappensitzungen, Jahrgangsausflüge, Verleihungen
von Ehrennadeln etc. finden in der NNP kaum noch statt. Die Redakteure
und die freien Mitarbeiter können nun viel häufiger und ausgeprägter
zeigen, was journalistisch in ihnen steckt. Statt immer nur in
Hinterzimmern von Gasthöfen mitzuschreiben, wer stellvertretender
Schriftführer des Liederkranzes wurde, um dann das obligatorische
Gruppenfoto zu schießen („Der neue Vereinsvorstand v.l.n.r.:“), dürfen
sie nun seit fast einem Jahr endlich Geschichten erzählen. Das gelingt
ihnen sehr oft und sehr gut. Limblog kann der inhaltlichen
Neuausrichtung deshalb Einiges abgewinnen. Für wie viele andere Leser
das noch gilt, dürfte schwer zu ergründen sein. Die zitierte Entwicklung
der Abo-Zahlen legt jedoch nahe, dass die Begeisterung in der
Frankfurter Chefredaktion größer ist als an den Frühstückstischen im
Nassauer Land. Wahrscheinlich interessiert sich der typische NNP-Leser
doch dafür, ob Kurt Schmitt nochmal als Vorsitzender des
Verschönerungsvereins weiter macht. Und weit weniger beschäftigt ihn,
mit welchen Problemen Hobby-Mineralogen im Zeitalter des Internets zu
kämpfen haben. Für die treuen Kunden scheint zu gelten: „Klein-Klein“
schlägt „Fokussierung auf Themen“.
Deutlich schwerer gewogen
haben dürfte jedoch die physische Neustrukturierung des Blattes. Aus
drei Büchern wurden vier (von denen das Lokale zwei bekam), der
Lokalteil war nicht mehr regional sortiert, sondern nach „Relevanz“ der
Meldungen, und – am allerallerschlimmsten – die Todesanzeigen wurden
irgendwo ganz hinten zwischen Sport und Fernsehprogramm versteckt.
Möglicherweise war das alles irgendwie durchdacht, eventuell sogar von
Unternehmensberatern mit schicken Folien empfohlen worden. Allein, es
kam beim Leser nicht an. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und nicht
geneigt, als Versuchskaninchen für (über)ambitionierte Zeitungsmacher zu
dienen. Die Abozahlen sprechen da für sich.
Wie es mit der
FNP/NNP und ihrer journalistischen Ausrichtung sowie ihrer physischen
Struktur weitergeht, steht aus zwei Gründen in den Sternen. Zum Einen
muss der Auflagensturzflug irgendwelche Konsequenzen haben. Ein Weiter
so ist schwer vorstellbar. Denn die FNP und ihre Lokalausgaben haben ja,
zum Anderen, ab demnächst einen neuen Eigentümer – die Zeitungsholding
Hessen, hinter der eine Investorenfamilie mit großer Erfahrung im Sektor
der regionalen Printmedien steckt. Möglicherweise bringen die die gute
alte NNP wieder näher an die Leserinteressen – mehr „Klein-Klein“, mehr
„Terminberichterstattung“, und zwar so, dass man auch findet, was man
lesen möchte. Ob das die abgewanderten Abonnenten zurückbringt, steht
aber in den Sternen.
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