Freitag, 6. September 2019

Urheberrecht: Amtsgericht Frankfurt weist Klage gegen Limblog ab (Teil 2 von 2)

Nachdem wir am Dienstag über die gescheiterte Klage eines Limburger Facebook-Bloggers gegen Limblog berichtet haben, möchten wir uns nun noch einmal den juristischen Details des Falles widmen.

Der „streitbefangene Lebenssachverhalt“


Worum ging es bei der ganzen Sache eigentlich bzw. – um es im wunderbaren Juristendeutsch der Richterin auszudrücken – was war der „streitbefangene Lebenssachverhalt“? Limblog hatte vor einem Jahr über die Auseinandersetzung zwischen der Stadtverwaltung und einem Blogger über angebliche Falschbehauptungen dieses Bloggers berichtet. Das Limblog-Posting war illustriert mit einem Foto, welches einen aufgeklappten Laptop auf einem Schreibtisch zeigte. Auf dem Laptopbildschirm wiederum war im Hintergrund der Teil eines offenen Browserfensters und darauf wiederum ein Teil des Headers der Facebookseite des Bloggers zu sehen, der mit der Stadt im Clinch lag. Diese Verwendung eines fremden Bildwerkes wurde von Limblog nie bestritten und sofort eingestellt, nachdem der Blogger seine Probleme mit dieser Verwendung kundgetan hatte. Die von Limblog gleichfalls angebotene außergerichtliche Einigung schlug der Blogger aber aus und verklagte Limblog auf Erstattung seiner entstandenen Kosten.

Das zuständige Gericht


Limblog wurde zunächst vor dem Amtsgericht Berlin-Charlottenburg verklagt – wahrscheinlich, weil die Anwaltskanzlei des Klägers ihren Sitz in Berlin hat. Mit der Rechtslage hatte dies jedoch nichts zu tun, denn für Urheberrechtsverfahren gegen natürliche Personen ist das Amtsgericht am Wohnsitz des Beklagten zuständig. Die Länder können Urheberrechtsverfahren allerdings an einzelnen Amtsgerichten konzentrieren. Der langen Rede kurzer Sinn: Die Klage gegen Limblog landete nach mehreren Monaten schriftlicher Auseinandersetzung pro bzw. contra den Gerichtsstand Berlin-Charlottenburg schließlich auf dem Schreibtisch einer Richterin am Amtsgericht Frankfurt.

Erlaubte Nutzungen im Urheberrechtsgesetz


Fremde Werke aller Art dürfen ohne ausdrückliche Genehmigung desjenigen, der die Nutzungs- und Verwertungsrechte an ihnen besitzt, nicht verwendet werden. Von diesem Grundsatz gibt es eine Reihe Ausnahmen, von denen im vorliegenden Fall zwei potenziell einschlägig waren: Die „Berichterstattung über Tagesereignisse“ (§50 UrhG) und die Einordnung des Bildausschnitts als „Unwesentliches Beiwerk“ (§57 UrhG).

Die „Berichterstattung über Tagesereignisse“


Dazu lassen wir zunächst den § 50 des Urheberechtsgesetzes für sich sprechen: „Zur Berichterstattung über Tagesereignisse […] ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig.“ Hier wäre also zu prüfen gewesen, ob es sich bei dem damaligen Limblog-Post um eine Berichterstattung über ein Tagesereignis gehandelt hat, ob das Werk (hier: das Foto, von dem ein kleiner Ausschnitt auf dem Limblog-Bild zu erkennen war) im Verlauf der Ereignisse wahrnehmbar war und ob schließlich der Umfang der Verwendung des fremden Werkes durch den Zweck geboten war.

Ausnahmen für „Unwesentliches Beiwerk“


Dazu das Gesetz lapidar: „Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, wenn sie als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe anzusehen sind.“ Hier war also zu prüfen, ob der inkriminierte Bildausschnitt als unwesentlich in Bezug auf den eigentlichen Gegenstand – also das von Limblog publizierte Gesamtfoto unter Berücksichtigung des dazugehörigen Textes – einzustufen ist. Für eine solche Einstufung sprach, dass auf nur ca. 2% des Limblog-Fotos (siehe geweißte Fläche im Bild unten) ungefähr ein Fünftel des Fotos zu sehen war, an dem der Blogger zweifelsfrei das Urheberrecht hatte und hat. Es ging die ganze Zeit also um den Bruchteil eines Bruchteils. Es bestehen berechtigte Zweifel, ob dem durchschnittlichen Internetnutzer ein so kleiner Bildausschnitt überhaupt auffallen konnte – zumal die Internetnutzung ja immer stärker über Smartphones mit ihren sehr kleinen Bildschirmen stattfindet

Die Urteilsbegründung


Die Richterin wies die Klage mit der Begründung ab, bei der Bildverwendung durch Limblog habe es sich um eine gesetzlich erlaubte Nutzung in der Form einer Berichterstattung über Tagesereignisse gehandelt. Das Bild bzw. der inkriminierte Bildausschnitt sei als Header der Titelseite des Klägers erkennbar gewesen und habe einen eindeutigen inhaltlichen Bezug zu dem Limblog-Posting gehabt, in dem es ja gerade um die Auseinandersetzung zwischen der Stadt und dem Facebook-Blogger gegangen sei.


Der Stein des Anstoßes: Die weiße Fläche in der rechten Bildmitte zeigte auf dem Ursprungsbild ca. ein Fünftel des Headers der Facebookseite des Klägers.

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